ÜBER HOMÖOPATHIE

Ich verschreibe oft zusätzlich zur Psychotherapie homöopathische Arzneimittel. Das erleichtert mir oft meine Arbeit.
Es mutet aber etwas eigenartig an, wenn wissenschaftlich orientierte Mediziner, die noch dazu Intensiv- und Notfallmediziner sind, sich mit der Homöopathie als komplementäre Möglichkeit in ihrem therapeutischen Werkzeug befassen. Gerade diese Mediziner verbindet man mit einem rein mechanistischen Weltbild: Sie analysieren den Patienten trocken nach physikalischen und chemischen Grundlagen und leiten daraus ihr handeln ab.

Trotzdem ist die Homöopathie eine der wichtigsten und gleichzeitig die unerwartetste Entdeckung die ich in meiner ärztlichen Tätigkeit gemacht habe. Ich habe zehn Jahre Zeit dafür gebraucht. Es war eine Entdeckungsreise voller unglaublichen Überraschungen und am Anfang auch Frust. Sie ist mir inzwischen in meinem beruflichen und privaten Leben so oft hilfreich gewesen, dass ich dieser einmaligen und mit nichts was in der Medizin bisher bekannt ist vergleichbaren Heilmethode, unendlich dankbar bin.

Homöopathie ist allerdings gleichzeitig auch das Schwierigste was ich je in meinem Leben angefasst habe. Es gibt viele Tausende von Ärzten und Heilpraktikern die sie anwenden, aber es gibt nur eine Handvoll Leute im deutschsprachigen Raum die sie souverän beherrschen. Die anderen müssen sich durch ein sieben hundert Meter langes Bücherregal, mit Hilfe von teuren Computer Programmen, durchwälzen, um in die Nähe einer passenden und erst dann helfenden Arznei zu gelangen. Manche wiederum machen sich weniger Mühe und verschreiben aufs Geratewohl und hoffen, dass sie die richtige Arznei treffen. „Und wenn nicht, dann habe es auch nicht geschadet...“.
Homöopathie ist gleichzeitig in der Praxis kaltherzig und gnadenlos: Wenn die mit Mühe ausgesuchte Arznei zu den Symptomen und zu den Regeln nicht genau passt – „wie Schlüssel ins Loch“ – wird sie gar nichts bewirken. Und es ist dann vollkommen egal, ob man daran „fest“ geglaubt hat oder nicht! Die Wirkung eines so genannten „Placebos“, das in jeder ärztlicher Tätigkeit immer eine Rolle spielt - verpufft nach kurzer Zeit. Die Wirkung einer passenden homöopathischen Arznei keineswegs!

Es ist für einen überbeschäftigten Arzt unglaublich zeitaufwändig, dazu noch teuer und herausfordernd, in die Details dieser Heilmethode einzudringen und eigene Erfahrungen zu sammeln. Trotzdem, erst zahlreichen eigenen positiven Erfahrungen schaffen schließlich die wohltuende Überzeugung, zusätzlich zu den unbestreitbar wichtigen Möglichkeiten in der rein schulmedizinisch orientierten Medizin noch eine Möglichkeit in der Hand zu haben und viele schwierige Situationen bei psychischen und körperlichen Erkrankungen oft noch zum Guten wenden zu können.
Homöopathie ist zur Besserung des Allgemeinzustandes, zur Verkürzung akuter und Erleichterung chronischer Krankheit, als begleitende Schmerztherapie, als Ergänzung bei psychischen und körperlichen Erkrankungen jeglichen Schweregrades (Siehe Literaturangabe), als echter Ausweg bei Therapienotstand oder gelegentlich auch als einzige Therapiemaßnahme, aus meinem beruflichen und privaten Leben nicht mehr wegzudenken. Der Frust des ärztlichen Alltags kann zum Alltagsvergnügen werden. Ich habe auch nach fünfundzwanzig Jahren der Beschäftigung mit dieser erstaunlichen Heilmethode keine Sekunde bereut. Diejenigen die in einem Heilberuf, unabhängig vom Gebiet, tätig sind und sich diese Behandlungsmöglichkeit noch nicht angeeignet hat, wäre für sie vielleicht jetzt die Zeit sich darüber Gedanken zu machen und eigene Erfahrungen zu sammeln.
Einige die das tun werden vermutlich den Tag an dem sie diese Zeilen gelesen haben, nie mehr vergessen.

Literatur:
Prof. Dr. med. Michael Frass, Dr. med. Martin Bündner: Homöopathie in der Intensiv- und Notfallmedizin, Elsevier Urban&Fischer Verlag.